Auffallend ostalgisch

Rennpappen liegen voll im Trend – 27. Trabi-Tag begeistert trotz schlechten Wetters
ASCHEBERG.
Das Wasser perlt von der lilafarbenen Außenhaut. Die Reifen hinterlassen sichtbare Abdrücke auf dem grünen Rasen. „Jaa“, dehnt Timo Jürgenschellert das Wörtchen in die Länge und blickt gen Himmel. Ein wenig besseres Wetter, das hätte er sich für seine persönliche Premiere beim 27. Trabi-Tag in Ascheberg schon gewünscht. „Aber, was soll’s. Gut, das niemand dran drehen kann, an dem Wetterrad“, sagt er. Jürgenschellert ist in die Fußstapfen von Pappenpast Thomas Wentker getreten und hat dessen Position als erster Vorsitzender des Trabantclub Sputnik übernommen. Wentker lässt ihn jedoch nicht alleine, sondern ist mittendrin statt nur dabei, bei dem ostalgischen Treffen. Klar, so legen beide offen, sei die Besucherzahl am Samstag bei dem schlechten Wetter zunächst magerer ausgefallen als im Vorjahr. „Die Einbußen haben sich bei den Tagesgästen bemerkbar gemacht, die Zahl der Übernachtungsgäste von Freitag auf Samstag ist dafür gestiegen“. Dennoch haben 121 Ostalgiefahrzeuge am Wochenende den Weg nach Ascheberg auf das Gelände von St. Georg gefunden.

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Erik Tholen ist 210 Kilometer aus Rheinsberg nach Ascheberg gefahren mit seinem UAZ 469B, einem Armeefahrzeug der NVA, dass er seit genau drei Tagen angebmeldet hat und mit dem er in der Bewertung auf Platz zwei landete. Foto: Tina Nitsche

Erik Tholen hat dafür sogar 210 Kilometer zurückgelegt und ist in seinem Armeefahrzeug der NVA von Rheinsberg angereist. „Ein UAZ 469 B“, erklärt er stolz und taucht unter seiner Motorhaube auf. Dunkle Spuren an den Händen zeugen von Arbeit. Tholen legt den Schraubenschlüssel bei Seite. Dann erzählt er, dass er seit einem Jahr stolzer Besitzer des Armeefahrzeuges ist. „Angemeldet habe ich ihn allerdings dann vor drei Tagen.“ Was den Reiz ausmacht? Ganz einfach: „Ein super Fahrgefühl, sehr angenehm und lässt sich besser fahren als ein Trabi.“ Klar habe er keine Limousine und über die Straße gleitet er schon gar nicht. „Ein heißes Fahrgefühl im wahrsten Sinne des Wortes, denn es wird selbst wenn die Heizung aus ist richtig warm im Innern.“ Die Geräuschkulisse ist unvergleichlich. „Ein Presslufthammer kommt dem schon nahe“, schmunzelt Freund Florian. Sein Fahrzeug hegt und pflegt Erik. Die Liebe zum Detail vergisst er dabei nicht, wie die kleine Ente auf der Motorhaube oder die beleuchtete Gasmaske am Außenspiegel. Er fährt ein Fahrzeug, das längst nicht jeder hat, und das beim 27. Trabi-Tag in Ascheberg dann auch mit dem zweiten Platz ausgezeichnet wurde.
Auf Platz eins hingegen ist Richard Haak gelandet. Mit Mama Sabine ist er nach Ascheberg gekommen. Mit einer echten Rarität. Einer Apo 425, Baujahr 1955. „Das einzige 4-Takt Motorrad, das je in der DDR gebaut wurde“, verrät er und streicht liebevoll über die schwarze Außenhaut. Das Besondere an der Maschine: Der Beiwagen. Da sitzt Mama Sabine drin. Wenngleich auch nicht so gerne. Denn sie steigt viel lieber selbst auf ein Motorrad und genießt es über die Straßen zu brausen. Sportlich und flott versteht sich. Eine Fahrweise, die ihr Sohn nicht an den Tag legen kann mit seiner APO. „Da geht es eher urig und gemütlich zu“, verrät dieser grinsend. Denn bei 70 bis 80 KmH ist Schluss. „Aber trotzdem gibt es von den Verkehrsteilnehmern immer wieder die Daumen hoch“, sagt er. Man fällt auf, „wie ein bunter Hund, das ist dann schon lustig.“

Rennpappen wohin das Auge schaut. Foto:Tina Nitsche
Rennpappen wohin das Auge schaut. Foto:Tina Nitsche

Richard und Erik liegen im Trend. „Immer mehr junge Leute steigen auf Ostfahrzeuge um, der Markt boomt“, weiß Timo Jürgenschellert. Er ist mit seiner Premiere, denn dieses Mal hielt er die Fäden in Sachen Orga in der Hand, mehr als zufrieden. Ein ganz dickes Lob geht an das Team und die Bewohner St. Georgs. „Die haben uns allerbestens verpflegt und uns sogar mit einem DDR-Kuchen überrascht“, war er gerührt. Am Samstagabend dann dankte der Sputnik-Club seinem ehemaligen Vorsitzenden Thomas Wentker und dessen Frau Danny. Doch der Pappenpapst, wie er genannt wird, schwört den Rennpappen keineswegs ab, er lässt es nur ein wenig langsamer im Vorstand gehen, nach so vielen Jahren aktiven Dienstes als Chef. Tina Nitsche

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„So etwas hat Ascheberg gefehlt!“

Nahtlos an Debüterfolg angeknüpft: Ascheberg hat sich zum zweiten Mal zahlreich getroffen!
ASCHEBERG. „Super toll, dass so etwas möglich ist“, schaute Winfried Bolte am Donnerstagabend gut gelaunt über den Katharinenplatz. Dieser war voll. Denn Ascheberg traf sich dort. Die zweite Auflage von „Ascheberg trifft sich“, schloss nahtlos an den Debüterfolg vor drei Wochen an. Die Menschen kamen zusammen, tranken, aßen und lachten. „Einfach mal hinsetzen und chillen, das hat doch was“ meinte eine Besucherin. Die Band „Hörsturz“ unterhielt musikalisch mit Swing und Jazz und versäumte es nicht, auch den ein oder anderen kleinen Ausflug in die Musikgeschichte zu unternehmen.
Auch von Klaus Heming gab es gleich beide Daumen hoch für das gelungene Spektakel. „So ein Angebot, das hat Ascheberg einfach gefehlt“, machten Winfried Bolte und Günher Brochtrup klar, das sie auf jeden Fall, obwohl erstmals dabei, zu erklärten Fans gehören. Das Publikum war bunt gemischt. Auch Kinder und Jugendliche fanden den Weg zur Veranstaltung. „Ich hätte nicht gedacht, dass sich nach der Kirmes so viele aufgemacht hätten“, war auch Melanie Wiebusch, Geschäftsführerin von Ascheberg Marketing, höchst erfreut über die mehr als gute Resonanz. Sie dankte gleichzeitig auch noch einmal dem Ideengeber Lutz Walter, der viel Arbeit und Zeit in das Projekt gesteckt hat. Viele Besucher taten es ihr gleich. Jung und Alt genossen den Feierabend bei bester Laune und schönstem Sommerwetter.
Es bot sich zwar im Vergleich zum Debüt auf dem Katharinenplatz ein etwas anderes Bild, der guten Stimmung tat das jedoch keinen Abbruch. Denn aufgrund des starken Windes nachmittags hatten die „Macher“ die Musiker in eine windgeschützte Ecke platziert, und noch mehr Bänke und Tische aufgebaut. Das Feedback war eindeutig, da schlossen sich alle der Meinung von Winfried Bolte an: „Diese Veranstaltung ist super, so etwas hat Ascheberg wirklich gefehlt!“ Mehr noch, sie dankten Lutz Walter, „das er den Mut hatte, so etwas auf die Beine zu stellen.“ Tina Nitsche

Info:
Das nächste Mal „trifft Ascheberg sich“ am 24. August. Dabei spielen „die Fantasten“.

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Die Band „Hörsturz“ servierte Jazz und Swing bei der zweiten Auflage von „Ascheberg trifft sich“. Foto: Tina Nitsche

Herzdamen auf Einhornjagd

Riesenspaß bei den traditionellen Kirmes-Zehnkämpfen – Ärger beim Krammarkt
ASCHEBERG. Schallplatten, Bücher, Kannen, Gläser – der Krammarkt zur Jacobi-Kirmes ließ die Herzen der Trödelfans höher schlagen. „Das ist richtig toll hier und wird jedes Jahr besser“, stöberten auch Christel und Werner an den Ständen. Das Angebot war breit gefächert, ob Spielzeug, echter Trödel oder auch Neuware. Doch genau diese störte Vilja und Petra ein wenig. Ihrer Meinung nach hat die Neuware nicht viel mit Trödelmarkt zu tun. Die beiden kommen aus Kamen und hatten erstmals beim Ascheberger Krammarkt ihren Stand aufgebaut. „Das ist eine tolle Veranstaltung und wir sind verblüfft was hier in Ascheberg geboten wird“, waren beide von der Veranstaltung Jakobi-Kirmes begeistert.

KrammarktJacobi-Kirmes, Foto: Tina Nitsche
KrammarktJacobi-Kirmes, Foto: Tina Nitsche

Der Krammarkt war bestens besucht, dennoch setzte nicht jeder Händler richtig viel um. Abends endete Tag eins des Marktes dann weniger schön. Zwei ausländische Händler gerieten beim Abbau ihrer Stände in Streit und ein Großaufgebot an Polizei sorgte für Schlagzeilen. Die Clubs, Stammtische und Freundeskreise bekamen davon allerdings weniger mit. Schließlich waren sie in ganz anderer Mission unterwegs. Die traditionellen Zehnkämpfe lockten sie ab mittags scharenweise auf den Platz. Die „Herzdamen“, eigentlich eine Kubb-Truppe, rüsteten dabei zur ultimativen Einhornjagd. Dafür arbeiteten sie sich durch Disziplinen wie Dosenwerfen, Bogenschießen, Pferderennen, Entenangeln. Im Visier nicht etwa möglichst viele Punke, sondern „Einhörner“, hielt Sabine strahlend ein rosafarbenes Exemplar in die Luft. Es war ein buntes Treiben, bei dem der KC „Dauerbrenner“ auf den namenlosen Stammtisch oder den KC „Einer stand immer“ traf.
„Das ist hier in Ascheberg echt immer der Hammer“, war auch Schausteller Marvin Heitmann völlig begeistert von den vielen Truppen, die an den Ausspielgeschäften ihre Disziplinen ausspielten. „So etwas findet man auf keinem anderen Platz. Die Clubs haben sich für die Zehnkämpfe ja sogar eigene Outfits zugelegt und zaubern so richtig Leben auf die Veranstaltung“, so Heitmann weiter.
Und wer eigentlich hat ihn erfunden, diesen mittlerweile legendären Zehnkampf? Ganz einfach: Es sind die Kegelbrüder „Die Holzköppe“. Die Jungs mit den schwarzen Shirts, die seit rund 17 Jahren immer wieder sonntags auf der Jacobi-Kirmes dem traditionellen Zehnkampf frönen und so viele Nachahmer gefunden haben. Tina Nitsche

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Der Kegelclub „Die JHolzköppe“ gilt als der Urheber der mittlerweile traditionellen Kirmes-Zehnkämpfe. Foto: Tina Nitsche